Positionspapier zur kurzstationären

immunmodulatorischen Therapie bei renalen

Autoimmunerkrankungen

In den letzten Monaten kommt es seitens der Kostenträger und des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) anlässlich der Prüfung von Krankenhausrechnungen regelhaft zur Ablehnung der kurzstationären Therapie mit sowohl seit Jahrzehnten etablierten (Cyclophosphamid, Endoxan®) als auch neueren Medikamenten (Rituximab, Mabthera®) zur Therapie von Autoimmunerkrankungen der Nieren. Für diese Therapien liegen positive wissenschaftliche Evaluierungen und reguläre Zulassungen vor. Deshalb werden diese Erkrankungen bisher in regelmäßigen Therapiezyklen, vergleichbar einer Chemotherapie bei Krebs, in kurzen stationären Aufenthalten (meist eine Übernachtung) behandelt. Für das neue (und teure) Rituximab existieren Sonderentgelte bzw. NUB´s.

Die Substanzen sind sehr wirksam, haben aber auch ein relevantes Nebenwirkungsspektrum und die Patienten werden deshalb stationär für eine gewisse Zeit überwacht. Es handelt sich nicht um Kurzinfusionen, sondern um mehrstündige Infusionsdauer unter Überwachungsbedingungen. Außerdem werden je nach verabreichter Substanz adjuvante Therapeutika (Antiemetika und Prophylaxen gegen Blasenentzündungen) in bis zu 8 Stunden Abstand zur Infusion verabreicht. Der MDK argumentiert nun, dass diese Maßnahmen unnötig seien bzw. genauso auch ambulant durchgeführt werden könnten. Deshalb werden die Kosten dafür nicht mehr übernommen, so dass Kliniken nicht nur ihre Leistung nicht mehr vergütet bekommen, sondern zusätzlich auch die hohen externen Medikamentenkosten im obligo sind.

Jedoch gibt es zum gegenwärtigen Zeitpunkt wegen der möglichen Nebenwirkungen und der unklaren Kostensituation auch im ambulanten Sektor keine nephrologische Einrichtung in Sachsen, die solche Therapien in hoher gesicherter Qualität durchführen kann. Die evtl. anwendbare EBM-Ziffer 02101 wird mit 16,01 € vergütet und deckt in keiner Weise den Aufwand einer achtstündigen Überwachung und der Gabe zusätzlicher Medikamente.

Die Erkrankungen betreffen alle Altersklassen, auch sehr junge, von dauerhafter Dialysenotwendigkeit bedrohte Patienten. Somit entsteht eine Versorgungslücke, die mittelfristig zu mehr Dialyspflichtigen oder verstorbenen Patienten führen wird, weil der Zugang zu den gut etablierten Therapien erschwert wird.

Der Verband Sächsischer Nephrologen (VSN) hat sich in seiner Mitgliederversammlung am 26.11.2016 in Dresden mit dem Problem befasst und zwischen Vertretern der stationären, ermächtigten und niedergelassenen Einrichtungen eine konsensualen Lösungsvorschlag erarbeitet, der zu seiner Umsetzung die Unterstützung der Kassenärztlichen Vereinigung und der stationären Kostenträger benötigt.

1) Für die Therapie mit monoklonalen Antikörpern (Rituximab und vergleichbar) sollte die ambulante Versorgungslandschaft entsprechend den onkologischen Behandlungsstrukturen modifiziert werden. Aus Sicht des Verbandes Sächsicher Nephrologen ist es erforderlich, dass Patienten mit lebensbedrohlichen Erkrankungen der Nieren ausschließlich von Fachärzten für Nierenheilkunde behandelt und nicht für die Chemotherapie an onkologische Praxen verwiesen werden. Der VSN regt deshalb die Zugänglichkeit der Infusionsziffern 01510 (Praxisklinische Betreuung 2h), 01511 (Praxisklinische Betreuung 4h) und 01512 (Praxiskliniche Betreuung 6h) für alle ambulanten (niedergelassen und Instituts- Ermächtigung) und im Wege der persönlichen Ermächtigung auch stationär tätige Einrichtungen an.

2) Die Therapie mit Cyclophosphamid und Begleitmedikamenten wird zwar von onkologischer Seite als nicht-komplexe Chemotherapie eingeschätzt. Jedoch findet sie im nephrologischen setting üblicherweise unter den Bedingungen einer hochgradig eingeschränkten (lebensbedrohlichen) Nierenfunktion und drohender Dialysepflichtigkeit statt und in einem Zeitraum ( >= 8 Stunden), der nicht ambulant abzubilden ist. Diese Behandlung unterscheidet sich deshalb signifikant von den onkologischen, Cyclophosphamid-beinhaltenden Therapieschemata und kann nicht ambulant durchgeführt werden. Um zu einer auch vom VSN befürworteten Einsparung im stationären Umfeld zu kommen, sollte eine Durchführung unter stationären Bedingungen aber bei unkomplizierten Verlauf ohne Übernachtung (Tages-DRG) angestrebt und vergütet werden.

Für den Verband Sächsischer Nephrologen:

Prof. Dr. med. Joachim Beige | Vorsitzender des Vorstandes | Leipzig | 30.11.2016

 

Aktivitäten der DGfN-Mitglieder in Sachsen 2015 / 2016

In Sachsen (4,1 Mio. Einwohner) gibt es zwei universitäre und fünf kommunale Abteilungen für Nephrologie sowie ca. 33 nephrologische Praxen, von denen viele direkt mit Kliniken ohne eigene nephrologische Strukturen auch stationär kooperieren. An einem Standort gibt es eine teilstationäre Dialyseabteilung. Leider sind keine Lehrstühle und / oder Hauptabteilungen in unserem Fach definiert, was mit der spezifischen Struktur des Landeskrankenhausplans und der akademischen Geschichte des Bundeslandes bzw. der früheren DDR zusammenhängt. Der Verband Sächsischer Nephrologen (VSN) [1] hat über 100 Mitglieder.

Trotz dieser vergleichsweise kleinen Strukturen konnten ein lebhaftes Fortbildungswesen, innovative klinische Versorgungsprojekte und wissenschaftliche Highlights etabliert werden. So wurden die Programme für Nachtdialyse, assistierte Peritonealdialyse und Sporttherapie während der Dialysebehandlung aufgrund von Initiativen von sächsischen DGfN-Mitgliedern fortgesetzt, letztere begleitet von wissenschaftlichen Publikationen [2] und einer halbjährlichen Fortbildungsveranstaltung.

Vom 22. bis 24. Oktober 2015 fand in Dresden die 24. Jahrestagung der Deutschen Transplantationsgesellschaft (DTG) statt. Über 700 Teilnehmer besuchten den Kongress unter der Mitgestaltung des Tagungspräsidenten Herrn Prof. Dr. med. Christian Hugo und der Kongress- Sekretärin Frau Dr. med. Mirian Opgenoorth. Der VSN hat im Frühjahr 2015 und 2016 die 10. und 11. Folge des von der EDTA unterstützten Sächsischen Fortbildungskongresses für Nephrologie und Kindernephrologie in Leipzig unter dem neuen Format Nephrologie kontrovers organisiert (Abb.).

 

 

In den kommenden Jahren soll dieses interaktiv-multimodale Ereignis durch die Einbeziehung weiterer Praxiskurse (2017 Osteologie und Diabetologie) zum Leipziger interaktiven Nephrologieseminar (LiNS) weiterentwickelt werden. Weitere wichtige Fortbildungsereignisse waren der EDTNA-Kongress in Dresden (September 2015), die Zwickauer Nephrologischen Gespräche, die Mitgliederversammlung des VSN gemeinsam mit dem Post-ASN-Meeting im November in Dresden.

In Leipzig fand zum dritten Mal das Dialyse-Einsteigerseminar der DGfN statt und die Leipziger Nierenbiopsiekurse unter dem Dach der Akademie Niere finden noch wachsenden Zuspruch. Aktiv organisieren Dresdner Kollegen das wissenschaftlich geprägte trilaterale Polnisch-Tschechisch- Deutsche Nephrologen-Meeting. Regelmäßigen Anklang finden die Dresdner Nephrologischen Abende und die Leipziger Nephrologen-Stammtische. Seit 10 Jahren findet 1x jährlich im Wechsel zwischen Bautzen, Bischofswerda und Görlitz der Ostsächsische Nierenworkshop für Ärzte und Pflegekräfte statt. Auf Initiative von Frau Dipl.-Med. Heike Martin ist seit Jahren in Westsachen (Zwickau/Meerane) der Sächsisch-Thüringische Arbeitskreis Peritonealdialyse etabliert und neu seit dem 14. April 2016 die Nurse Academy mit einer Veranstaltung zur Kommunikation mit chronisch kranken Patienten.

Fachliche und berufspolitische Themen diskutieren die niedergelassenen Nephrologen bei einem regelmäßigen Stammtisch bei Meißen. Qualitätszirkel für Hausärzte, die als nephrologisch- rheumatologische Fallkonferenzen gestaltet werden und nephrologische Weiterbildungen für Assistenzärzte in Kliniken ohne nephrologische Fachabteilung ergänzen das Angebot der niedergelassenen Dresdner Kollegen für ihre Kooperationspartner.

Seminare für Patienten in der Prädialyse, auf der Transplantationswarteliste und nach einer Nierentransplantation werden jeweils jährlich in Dresden und Leipzig angeboten und sind gut besucht. Mitglieder der DGfN unterstützen regionale Dialyse- und Patientenverbände durch Vorträge, Organisationsunterstützung von Veranstaltungen und Spenden und betreuen besondere Lernleistungen in der Abiturstufe zu nephrologischen Themen. Populärwissenschaftliche Vorträge zu Nieren- und Hochdruckkrankheiten wurden u.a. im Rahmen der Vorlesungsreihe Medizin im Spannungsfeld zwischen Wissenschaft und Gesellschaft am Klinikum Chemnitz und in Leipzig angeboten.

Neben der Ausbildung junger Ärzte an den beiden Universitäten Leipzig und Dresden sowie in den akademischen Lehrkrankenhäusern engagieren sich sächsische Nephrologen im Rahmen von Vorlesungen und Praktika in der Lehre von Ingenieuren für Medizintechnik an der Universität Chemnitz, der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Leipzig, der Staatlichen Studienakademie Bautzen sowie in der Fachpflegeweiterbildung Anästhesie und Intensivmedizin in Dresden und Chemnitz.

Mitglieder der DGfN wirken aktiv in den Prüfungskommissionen der SLÄK im Fachgebiet Innere Medizin und der Subspezialisierung Nephrologie mit und konnten dabei an 5 abgeschlossenen Schwerpunktweiterbildungen im Fach Nephrologie mitwirken.  Aus den beiden Unikliniken, aber auch nicht-akademischen Einrichtungen in Leipzig, Zwickau, und Bischofswerda wurden insgesamt 28 Peer-Review-Publikationen und 12 abgeschlossene Dissertationen hervor gebracht.

Im Jahr 2015/16 standen und stehen für die sächsischen Nephrologen einige berufspolitische Momente mit unmittelbarer Auswirkung auf die Patientenversorgung im Focus der Diskussion. Beginnend im Jahr 2014 wurde von den stationären Kostenträgern die Vergütung von Behandlungen renaler Autoimmunerkrankungen mit kurzdauernden Chemotherapien verweigert (monoklonale Antikörper, Cyclophosphamid Bolus etc.). Hier wird seitens des MDK und der Kostenträger der Vergleich mit der Onkologie heran gezogen, in der diese Therapieschemata ausschließlich ambulant erfolgen würden. Trotz Kontakten zu Kassenvertretern ist es jedoch nicht gelungen, die dafür notwendigen ambulanten tagesklinischen Strukturen in die Regelversorgung zu implementieren.

Dazu konnte die Mitwirkung der KV zu einer Verlagerung dieser Leistungen in den ambulanten Sektor noch nicht gewonnen werden, obwohl MDK und Kassenvertreter genau dies forderten.   Das derzeitige Ergebnis sieht so aus, dass es weder für die stationäre noch für die ambulante Versorgung dieser Patienten eine befriedigende Lösung gibt und die anfallenden Kosten dafür einfach nicht übernommen werden, so dass die Kliniken gezwungen werden mit den Kostenträgern in einen juristischen Streit zu gehen. Im Bereich des Kuratorium für Dialyse wird eine Übernahme in das Leistungsprofil der Institutsermächtigung auf Bundesebene angestrebt, eine dringend notwendige kurzfristige Lösung ist aber nicht in Sicht. Weiterhin sehen sich stationär tätige Nephrologen seit Anfang 2016 einer breit angelegten Verhinderungsoffensive großer Krankenkassen gegenüber, mittels derer beispielsweise Kostenübernahmen für Nierenbiopsien und akute Dialyseleistungen systematisch und streitig abgelehnt werden. In diesen berufspolitischen Konflikten wird es nach unserer Einschätzung in der kommenden Zeit stark darauf ankommen, dass unsere Fachgesellschaft noch vermehrt fachliche Standards definiert, die derartige Vorgehensweisen eingrenzen.

Prof. Dr. J. Beige, Leipzig            Dr. D. Reimann, Dresden

 

[1] http://www.nephro-leipzig.de/verband.html

[2] http://ndt.oxfordjournals.org/content/31/suppl_1/i57.2.short, BMJ Open 2015;5:e008709 doi:10.1136/bmjopen-2015-008709

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